Ein klassisches "Maison de plaisance"
Schon im 13. Jahrhundert gab es wohl eine Wasserburg in Türnich. So findet sich 1208 die Erwähnung eines Ritters mit dem beneidenswerten Namen „Winandus de Tornich“. Das heutige Herrenhaus wurde zwischen 1757 und 1766 durch Carl-Ludwig Freiherr von Rolshausen als klassische Maison de plaisance erbaut.
Als Baumeister wird der in kur-kölnischen Diensten stehende Franzose Michel Leveilly vermutet. 1850 verkaufte Georg-Karl Freiherr von Rolshausen das Schloss an Karl Eugen Reichsgraf von und zu Hoensbroech.
Um 1890 begann Franz-Eugen Reichsgraf von und zu Hoensbroech (in der Familie nur “Onkel Euch” genannt, kinderlos, aber bekannt dafür, dass er ein Glas Bier aus 5 Metern rückwärts aus dem Fenster kippen konnte) mit Umbauten am Herrenhaus. Er ließ es mit Stukkaturen und Boiserien im Stil des sogenannten zweiten rheinischen Rokoko prachtvoll ausstatten.
So ist das Herrenhaus ganz der Eleganz der französischen Maisons de Plaisance verpflichtet. Eine freitragende Treppe verleiht dem lichtdurchfluteten Treppenhaus eine verspielte Leichtigkeit. Die eigentliche Kostbarkeit aber ist der erhaltene Raumschmuck aus dem 18. und 19. Jahrhundert. Leichte Rokokostukkaturen überziehen Wände und Türen. Tapisserien und kunstvoll geschnitzte Holztäfelungen zieren die Räume. Durch lange Fluchten und große Fenster verschmelzen Innen und Außen.
Situation heute
Durch die Grundwasserabsenkung im Rahmen des Braunkohletagebaus ist der Grundwasserspiegel von ehemals 80 cm unter Flur auf zwischenzeitlich 280m gesenkt worden. Das Schloss steht auf einer geologischen Unebenheit: Unter dem Schloss verläuft eine Tonlinse, die unterschiedlich dick ist. Ohne Grundwasser zieht sich der Ton zusammen; es entstehen Hohlräume. Diese sacken dann irgendwann weg. So ist das ganze Schloss durch den Wasserentzug, bedingt durch die Grundwasserabsenkung, in die Mitte gekippt. 1979 zog die Familie daher aus. Das Haus wurde mit einer sogenannten Ringzugverankerung gesichert und das Treppenhaus sowie die wertvollen Decken-Stukkaturen mit zahlreichen Holzbalken abgestützt sowie durch Abdeckungen geschützt.
Seither stand das Haus leer und verfiel zusehends. 2009 konnte dank der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, des Landes NRW und der Stadt Kerpen das Dach erneuert, die Statik gesichert und der Hausschwamm bekämpft werden. In den vergangenen Jahren stifteten der großzügige Schweizer Maler Balz Baechi und seine Frau Isabel, mit der Unterstützung der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, dem Haus eine neue Fassade. Auch die alte Schieferdeckung wurde durch die Unterstützung dieser Beteiligten wieder aufgebracht.
Der heutige Eigentümer ist Severin Hoensbroech. Er wohnt mit seiner Familie im Schwedenhaus. Die Familie arbeitet an einem nachhaltigen Nutzungskonzept und einer Finanzierung, damit dieses einzigartige Juwel des Rheinlandes wieder zu neuer Blüte findet.